Schwach auf der Brust?
Schwach auf der Brust?
Hilfe bei Atemwegserkrankungen
„Einmal husten hör ich gern, dann bleibt der Tierarzt sicher fern!“ Dieses Sprichwort wird sicher nicht nur bei Besitzern hustender Pferde ein Stirnrunzeln hervorrufen. Doch wie so oft hat auch dieser Ausspruch aller Pferdeleute einen wahren Kern. Denn Husten ist ein lebensnotwendiger Reflex, der die Lunge vor dem Eindringen von Fremdkörpern schützt.
Das Husten ist also keine Krankheit, sondern ein Symptom- doch es sollte JEDEN Pferdebesitzer hellhörig machen.
„Der stößt immer mal an, das ist sicher nicht so schlimm, vielleicht hat er sich verschluckt“, sind recht halbherzige Erklärungsversuche, die unter Umständen fatale Folgen haben können.
Denn die meisten chronischen Atemwegserkrankungen entstehen aus zunächst harmlosen, aber nicht auskurierten leichten Infekten. Häufigkeit und Intensität des Hustens lassen keine Rückschlüsse auf die Ernsthaftigkeit der Erkrankung zu und geben auch keine Auskunft, welcher Bereich der Atemwege betroffen ist. Ein hustendes Pferd gehört daher immer in die Hände eines Tierarztes, der eine genaue Diagnose stellen kann und eine entsprechende Therapie einleitet. Es gibt jedoch ergänzend eine Reihe einfacher Maßnahmen, mit denen Reiter und Pferdehalter die Genesung ihrer Pferde unterstützen können.Die Hauptursache für die meisten Atemwegserkrankungen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
1. Erkrankung durch Infektion und
2. haltungsbedingte Erkrankungen.
In vielen Fällen begünstigen sich diese Faktoren gegenseitig, dass heißt Stallmief, schlechte Hygiene, schlechte Futterqualität und ein schlechter Ernährungszustand des Pferde schwächen das körpereigene Abwehrsystem und begünstigen dadurch Infektionen. Angegriffene Schleimhäute, zum Beispiel aufgrund einer zu hohen Ammoniakbelastung, sind ein idealer Nährboden für Viren und Bakterien. Die Schleimhäute entzünden sich und schwellen an. Je nach Lokalisation der Erkrankung kommt es zur vermehrten Schleimbildung, die zu einer Verstopfung der Bronchien führt. Durch den auftretenden Hustenreiz wird die Entzündung verstärkt und die betroffenen Schleimhäute noch anfälliger gegenüber reizenden Stoffen. Ein regelrechter Teufelskreis entsteht. Damit aus einer akuten Erkrankung keine unendliche Geschichte wird, ist die Wahl der richtigen Therapie entscheidend.
Eine vollständige Genesung und erfolgreiche Vorsorge ist auch von der erfolgreichen Ursachenforschung abhängig, um krankmachende Faktoren künftig meiden zu können.Für den Ausbruch einer akuten Infektion ist häufig eine Virusinfektion verantwortlich. Viren sind sehr ansteckend und können sich schnell von Pferd zu Pferd ausbreiten. Dabei erfolgt die Ansteckung in der Regel durch den direkten Kontakt der Pferde. Dringen Viren in den Körper ein, siedeln sie sich auf der Schleimhaut der Atmungsorgane an, zerstören deren Zellen und vermehren sich. Im Zuge der körpereigenen Abwehrreaktion kommt es zu einer Lockerung und stärkeren Durchblutung des Schleimhautgewebes mit einer vermehrten Schleimbildung, um die abgetöteten Viren abzutransportieren. Es entwickelt sich eine Entzündung, die verschiedene Bereiche der oberen und unteren Atemwege befallen kann, vom Kehlkopf über die Nasennebenhöhlen bis zu den Bronchien. Die Infektion geht mit typischen Symptomen einher: Im Anfangsstadium bekommt das Pferd Fieber, das aber oft bereits nach einem Tag abklingt. Auffälliger ist der Husten im Anschluss an die Fieberphase sowie der Nasenausfluss, der anfangs wässrig, später zähflüssig ist und eine Erkrankung unübersehbar macht. Das Pferd ist zudem abgeschlagen und hat oft wenig Appetit.Für Pferde sind folgende Viren von Bedeutung:
Influenzaviren
Equine Herpesviren
Rhino- Reoviren
Bakterien
Bakterien sind Mikroorganismen, die in der gesamten Umgebung der Pferde auftreten und meist unschädlich sind. Sie können sogar lebenswichtig sein, zum Beispiel im Darm, wo sie für die Verdauung eine wichtige Rolle spielen. Es gibt aber auch gefährliche Bakterienarten, die ernsthafte Erkrankungen verursachen. Bakterien befallen, wie auch Viren, die Schleimhäute, wo sie sich vermehren. Mit der Ausbreitung der Bakterien im Körper verschlechtert sich der Zustand des Pferdes zunehmend, und es treten Syptome wie Fieber, Husten und ein gelber bis grünlicher Nasenausfluss auf. Zu den bakteriellen Erkrankungen der Atemwegen gehört die Druse, ausgelöst durch das Bakterium Streptococcus equi. Dieses Bakterium verursacht ein ganz spezifisches Krankheitsbild, ähnlich wie Ziegenpeter oder Mumps beim Menschen. Außerdem können durch Bakterien sogenannte sekundäre bakterielle Infektionen entstehen, das heißt im Anschluss an eine Erkrankung entsteht eine erneute Erkrankung. Der bei einer Viruserkrankung gebildete zähe Schleim ist ein idealer Nährboden für Bakterien, und das ohnehin geschwächte Immunsystem begünstigt zudem eine erneute Erkrankung. Anders als Viren brauchen Bakterien keinen Wirt um zu überleben und eine Ansteckung erfolgt nicht ausschließlich durch direkten Kontakt. Bakterien besiedeln auch Gegenstände, wie Putzzeug, Sättel und Textilien und werden von dort aus übertragen.
Die Behandlung hustender Pferde
Die Fragen nach der Therapie hustender Pferd wird manchmal sehr emotional und ideologisierend diskutiert. Dabei spalten sich die betreffenden Parteien in zwei Lager:
Die einen, die jede Form der Naturheilkunde als esoterischen Quatsch ablehnen und die anderen, die ihren Pferden um keinen Preis der Welt mit chemischer Keule zu Leibe rücken würden.
In der Praxis gibt es allerdings inzwischen mehr und mehr Ansätze, wo Experten einzelner Fachrichtungen erfolgreich zusammenarbeiten oder der schulmedizinisch arbeitende Tierarzt auch die klassischen Methoden der Naturheilkunde, wie Inhalation, Kräuter oder Wickel befürwortet. Die Therapie richtet sich nach Art, Dauer und Ursache der Erkrankung. Dabei muss man nicht mit den sprichwörtlichen Kanonen auf Spatzen schießen. Mit einer leichten Infektion und Fieber kann das körpereigene Abwehrsystem alleine fertig werden. Zur Unterstützung des Immunsystems können Homöopatika und Kräuter verabreicht werden. Zur Behandlung schwerwiegender Hustenerkrankungen werden in der klassischen Schulmedizin vier Gruppen von Medikamenten eingesetzt:
1. Antibiotika, 2. Schleimlösende Medikamente, 3. Krampflösende Medikamente und 4. Kortikoide. Ergänzend zu diesen Mitteln kommen Präparate zur Stärkung des Immunsystems zum Einsatz.
Antibiotika
Antibiotika werden bei einer bakteriellen Infektion verordnet und in der Regel als Injektion verabreicht. Da sich die Bakterienstämme laufend verändern und gegen einzelne Wirkstoffe resistent werden, besteht die Möglichkeit, dass einzelne Präparate nicht anschlagen. Um Resistenzen vorzubeugen, darf das verordnete Medikament nicht zu früh abgesetzt werden, obwohl sich nach wenigen Tagen eine Besserung einstellt.
Schleimlösende Medikamente
Schleimansammlungen in der Lunge oder in den Bronchien sind ein idealer Nähboden für Bakterien und behindern die Lungenfunktion. Oft ist der Schleim fest und zäh, so dass er weder über das Flimmerepithel abtransportiert noch abgehustet werden kann. Das Verflüssigen des Schleims über schleimlösende Medikamente erleichtert den Abtransport. Hier stehen natürliche Wirkstoffe in Form von Kräutermischungen oder systemischen Wirkstoffen zur Auswahl.
Krampflösende Medikamente
Bei einer Verkrampfung der Muskulatur um Bronchien und Bronchiolen, einem Bronchospasmus, werden die Atemwege eingeengt und die Luftzufuhr behindert. Diese Verkrampfung lässt sich durch entsprechenden Medikamente lösen. Dadurch wird sowohl das Atmen als auch das Abfließen des Bronchialschleims erleichtert.
KortikoideKortikoide wirken entzündungshemmend, abschwellend und antiallergisch. Sie sollten auf Grund möglicher Nebenwirkungen sehr gezielt angewendet werden. Bei starken Schwellungen der Atemwege mit akuter Atemnot ist ein schnelles Abschwellen notwendig, so dass der Nutzen in diesem Fall klar im Vordergrund steht.
Inhalation
Inhalation sind bei Atemwegserkrankungen eine altbewährte Sache. Grundsätzlich ist der Prizip gleich: Das Pferd atmet schleimverfüssigende, entzündungshemmende und reizlindernde Wirkstoffe ein. In der Praxis stehen dazu verschiedene technische Möglichkeiten zur Verfügung. Ihr Einsatz richtet sich nach dem Krankheitsbild bzw. der Lokalisation der Erkrankung. Eine effektive Möglichkeit ist die Kaltinhalation mit einem Ultraschallvernebler. Der Vorteil dieser Geräte wird damit begründet, dass die Tröpfchen so klein sind, dass die bis in die tiefen Atemwege, zum Beispiel in die Bronchien vordringen. Im Handel werden unterschiedlich leistungsstarke Modelle für verschiedene Behandlungsmöglichkeiten angeboten.
Was vor wenigen jahren noch ausgeschlossen wurde, ist inzwischen wissenschaftlich belegt: Auf Grund technischer Weiterentwicklung lassen sich inzwischen auch die tiefen Lungenbereiche des Pferdes mit der Inhalation erreichen. Für den Ultraschall-Inhalator „air-one“ der Firma Neu Tec GmbH, hat die Klinik für Pferde an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover seit zwei Jahren entsprechende Untersuchungen dei Pferden mit Erkrankungen der oberen und tiefen Atemwege durchgeführt. Festgestellt wurde bei allen behandelten Pferden eine heilende Wirkung bis in die tiefen Bronchien und Aveolen (Lungenbläschen).
Quelle: Pferdeforum Weser Ems Verlag Oldenburg August 2005